Ein Lächeln in Angelas Gesicht, wenn sie in Erinnerungen schwelgt. Freundinnen, die trotzdem alles teilten und das über Ländergrenzen, sogar Kontinente hinweg. 40 Jahre später. Und heute noch…

„Als ich nach einem Jahr in England mit meinen Eltern in die USA zog, pflanzte Hilarys Vater zwei Silberpappeln. Zehn Jahre später sind wir noch einmal zu dem Haus gefahren, obwohl sie gar nicht mehr dort wohnten. Wir haben unsere Bäume gesucht. Als wir sie nicht fanden, befürchteten wir, jemand hätte sie gefällt. Dann schauten wir in den Himmel: Es waren Riesen geworden.“

Im Grundschuldalter zog Angela mit ihrer Familie von Deutschland nach England. Ihr Vater war Mathematikprofessor und sollte an einer englischen Universität lehren. So verschlug es die Familie nach Nottingham, im Herzen Englands, im sagenumwobenen Reich von Robin Hood und Lady Marian.

Dort ging Angela ein Jahr zur Schule und lernte Hilary kennen. „Hilary fand’s klasse, dass ich in die Klasse kam. Als Ausländer war ich irgendwie spannend und exotisch. Und durch sie habe ich mich schnell wohl gefühlt. Sie war einfach nett.

„Englischlernen kein Problem“

Wir haben uns sofort angefreundet.“ Anfangs war das allerdings gar nicht so leicht, denn Angela sprach kein Wort Englisch. Das änderte sich schnell, denn Hilary war die perfekte Englischlehrerin. Ihre Mutter war gehörlos und deshalb sprach Hilary sehr deutlich, so dass sie von den Lippen ablesen konnte. So war das Englischlernen kein Problem.

Schnell konnten sie ausgelassen über Lehrer lästern, zusammen Schulaufgaben machen und jede freie Minute miteinander verbringen. Ein Summen geht über Angelas Lippen. „Ein englisches Kinderlied“, erklärt sie „Wir haben gerne zusammen gesungen. Hilarys Mutter war auch oft dabei. Sie war dann die Tuba,“ und lacht. „Es hat immer Spaß gemacht und die Lieder können heute auch meine beiden Kinder.“

Obwohl die Zeit, als die Freundinnen fast Tür an Tür gelebt haben sehr kurz war, sollte ihr Kontakt bis heute nicht abreißen. Ein Jahr nach Angelas Ankunft in Nottingham zog die Familie in die USA. Vor ihrem Abschied haben sich die beiden jedoch eines geschworen:

Beste Freundinnen für immer zu bleiben! Damit das auch seine Gültigkeit hat, war eine Blutsbruderschaft unabdingbar; Haarsträhnen wurden ausgetauscht und deutsche und englische Münzen. Von nun an wurden Briefe und Karten geschrieben, hin und wieder auch telefoniert.

„Wir waren eine Familie“

Als Angela zurück nach Deutschland, kam, besuchten sich die beiden immer abwechselnd im Sommer. „Wenn wir uns sahen, mussten wir immer weinen, vor Glück. Das ist auch heute noch so. Wir erlebten unsere ganze Kindheit miteinander, obwohl wir fast 1000 km voneinander entfernt wohnen.

Hilarys Eltern waren dabei immer Ansprechpartner für mich. Bei Problemen haben sie mir geholfen und von Peter, Hilarys Vater, bekam ich abends immer einen Gute-Nacht-Kuss. Wir waren eine Familie.“

Dennoch sei das nicht immer so gewesen, betont Angela. Sie wirkt ernster, fast traurig. Ende der Schulzeit verlief sich ihr gemeinsamer Weg. Hilary kümmerte sich um ihre Arbeit als Kunstlehrerin, Angela studierte Psychologie, heiratete früh und bekam Kinder. Anschließend umgekehrt: Hilary gründete eine Familie und Angela eröffnete ihre Praxis als Psychotherapeutin.

„Auch heute noch sind unsere Wege sehr verschieden: Ich bin immer die Weitreisende gewesen und ein Stadtmensch, Hilary blieb im ländlichen Umfeld. Sie ist Atheistin, ich Christin. Und trotzdem: Sie war immer da, wenn ich sie gebraucht habe. An allen wichtigen Punkten meines Lebens war sie präsent und umgekehrt.“

Verschiedene Wege

Bei ihrem Autounfall mit 11, nach der schwierigen Geburt ihrer Tochter und beim Tod einer guten Freundin. Eines der schönsten Geschenke war zu ihrer Hochzeit. Sichtlich gerührt erzählt Angela wie sehr sie sich gewünscht hatte, dass Hilary zu ihrer Hochzeit kommt.

Der Direktor ihrer Schule wollte ihr aber nicht frei geben, so dass Hilary enttäuscht absagen musste. Dann aber, an Angelas Hochzeitstag morgens im Standesamt, waren Hilarys Eltern da – eine Überraschung. „Die Hochzeit war zwar ohne sie und doch war sie immer bei mir.“

Ein Ereignis, erinnert sich Angela, habe sie jedoch sehr geschockt. Als die beiden über ihre Freundschaft sprachen, betonte Hilary, dass sie es nicht gut fände „Beste Freundinnen“ zu sein. Zuerst enttäuscht und verletzt, begann Angela allmählich zu verstehen, was Hilary damit meinte.

Sie hätten zwar das ’best friends’ aufgegeben, aber dadurch nichts verloren, weil sie wüssten, wie viel sie einander haben und brauchen und das halte sie zusammen. „Viele Freundschaften sind Wegstreckengefährten. Das ist schön, weil sie einen Lebensabschnitt bereichern.

Grenzenlose Freundschaft

Sie haben dann ein bestimmtes Bild, an dem sie festhalten. Bei Hilary und mir ist das anders. Wir kennen uns seit 40 Jahren, wir haben alle Entwicklungen miterlebt. Wir haben eine gemeinsame Geschichte, nicht nur Momentaufnahmen. Wir fragen uns nach dem wirklichen ’Wie geht’s’.“

Angela deutet auf ein Geschenk von Hilary zum 40. Freundschaftsjubiläum. Ein Holzengel auf dem Fensterbrett, eine kleine Tafel in der Hand: „Freunde sind wie Engel, du musst sie nicht sehen um zu wissen, dass sie da sind.“ Daneben zwei Bilder:

Zwei strahlende Kinder, Schulter and Schulter; einen Rahmen weiter zwei Frauen Arm in Arm, ihre Gesichter fröhlich, ihre Berührung vertraut.

Artikelbild: © Privat, Angela und Hilary

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[tabs tab1=“Fernbeziehung“ tab2=“Auswirkungen“ tab3=“Gründe“]
[tab][two_fifth]
[/two_fifth]Die Definition des Begriffes Fernbeziehung und der häufig äquivalent genutzten Wochenendbeziehung wird in der Fachliteratur uneinheitlich gehandhabt.Der Begriff Fernbeziehung kann, ausgehend vom alltäglichen Sprachgebrauch, für eine besondere Form der Liebesbeziehung beziehungsweise Zweierbeziehung verwendet werden. Fernbeziehungspaare sind Paare, die ihre Beziehungen über räumliche Distanzen hinweg führen.[/tab]
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Bei der Fernbeziehung ergibt sich folgende Problematik: Die zur Aufrechterhaltung einer Beziehung typischen Merkmale des Austauschs von Erlebnissen, Erfahrungen und Gefühlen ist während der Trennungszeiten erschwert. Der Austausch muss entweder telekommunikativ oder während der gemeinsamen Zeit (im Falle der Wochenendbeziehung als einer Form der Fernbeziehung etwa am Wochenende) erfolgen. Durch die Ausbreitung des Internets und seiner globalen Kommunikationsmöglichkeiten entstehen immer mehr Fernbeziehungen, in denen die Partner so weit voneinander entfernt wohnen, dass deren gemeinsame Zeit sich auf wenige Tage pro Jahr reduziert. Chatten, E-Mailen und Telefonieren sowie Videotelefonieren mit dem Partner zur Überbrückung der Trennungszeit werden von einigen Betroffenen als unzureichend für eine Beziehung empfunden.

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[tab]Gründe und Ursachen für Fernbeziehungen müssen getrennt betrachtet werden. Gründe können persönlich motiviert sein, z. B. aus einem Beziehungsideal heraus, oder aus der Berufs- oder Mobilitätsbiographie. Dem gegenüber stehen häufig gesellschaftliche Ursachen, wie z. B. Erwartungshaltungen von Seiten des Arbeitsmarktes. „Gesellschaftliche Ursachen, die die Plattform für Entscheidungen dieser Art bilden, sind vor allem im Bildungs- und Berufssektor zu finden. Zunehmende Mobilitätsanforderungen und veränderte Berufsbiographien, welche mit der Bildungsexpansion einhergehen, sind hier als die wichtigsten zu benennen“ schreibt Eva-Christina Edinger in ihrer empirischen Studie über Fernbeziehungen. Als Fernbeziehungen gelten dem allgemeinen Verständnis nach keine Beziehungen, bei denen sich die Partner über kurze Zeiträume von z. B. einigen Monaten nur am Wochenende sehen.[/tab]
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Sabrina Kurth ist leidenschaftliche Filmerin, freier VJ für verschiedene Online- und TV-Medien. Sie arbeitet als Tutorin bei uni.tv freiburg und steht auch gerne mal als Referentin bei Jugendmedienveranstaltungen zur Verfügung. Sabrina hospitierte bei RTL, der Deutschen Welle und beim SWR. Wenn Uni oder Arbeit gerade nicht rufen, ist sie auf Wandertour im Schwarzwald oder jongliert auf ihrem Balkon...

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