Die Provence besticht durch kulturhistorischen Reichtum, eine unvergleichliche Landschaft. Doch die Region hat noch etwas mehr zu bieten als das, schaut man genauer hin. Die Provence gehört zu den Kulturlandschaften Europas schlechthin. Nicht nur mit ihren Lavendelfeldern…

Schon die Griechen gründeten hier Marseille, Europas Kulturhauptstadt 2013. Im 14. Jahrhundert kamen die Päpste in die Provence – und blieben für fast 70 Jahre. Noch heute zeugen davon zahlreiche Spuren, von denen der Papstpalast in Avignon nur das bekannteste Monument ist.

Später entdeckten die Künstler die Region als Lebensraum und Inspirationsquelle: Der berühmt- berüchtigte Marquis de Sade organisierte 1772 in seinem Château de Mazan im Vaucluse das erste Theaterfestival Frankreichs. Heute ist der einstige de-Sade-Schloss ein Vier-Sterne-Hotel.

1844 siedelte der Schriftsteller Alexandre Dumas die Handlung seines Romans „Der Graf von Monte Christo“ im Château d’If vor der Küste von Marseille an – und machte es damit weltberühmt. Hundert Jahre später kaufte Pablo Picasso in Ménerbes im Naturpark Luberon ein Haus und schenkte es seiner Muse und Geliebten Dora Maar – bevor er sie für eine einundzwanzigjährige verließ. Die Malerin und Fotografin starb dort 1997.

Heute können hier Künstler und Schriftsteller aus der ganzen Welt einige Monate im Rahmen des Brown Foundation Fellows Program verbringen.

 „Schönste Dörfer Frankreichs“

Auch Ménerbes, das zum Label „Schönste Dörfer Frankreichs“ gehört, wurde literarisch verewigt: Der Engländer Peter Mayle beschrieb den in seinen Büchern die Eigenheiten des Ortes und seiner Einwohner so treffend, dass er sich dort bis heute unbeliebt gemacht hat. Pikanterweise sind es jedoch gerade seine Bücher, die der Gemeinde zu Weltruhm und damit zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung verhalfen.

Doch die Provence bietet weitaus mehr als nur kulturelle Höhepunkte: Wer sportlich ist, kann die Region per Rad erkunden. Für nicht ganz so Geübte bieten verschiedene Anbieter Elektrofahrräder zum Mieten an – wie etwa „Vélo Relax du Ventoux“ ab 35 Euro pro Tag. Auch wenn der automatische Antrieb im ersten Moment etwas gewöhnungsbedürftig ist: Selbst wenn es bergauf geht, gleitet man entspannt dahin und kann die Landschaft genießen, statt sich schweißtreibend abzustrampeln.

Frühaufsteher werden belohnt

Wer die Provence von oben betrachten will, sollte eine Fahrt mit dem Heißluftballon über der Gegend Forcalquier in den Alpes-de-Haute-Provence ins Auge fassen. Wegen der schwierigen Windverhältnisse in der Provence ist der Start nur morgens um 6 möglich.

Das frühe Aufstehen wird belohnt: Lautlos gleitet man über die malerischen Hügel und gewinnt so ganz neue Einblicke. Das Vergnügen ist allerdings nicht ganz billig: 205 Euro kostet die einstündige Ballonfahrt pro Person – wobei die Firma France Montgolfière auch zahlreiche Spezialtarife anbietet.

In Forcalquier wartet ein weiterer Höhepunkt. An der europäischen Universität für Düfte und Geschmäcker (UESS) können Touristen ihr eigenes Parfüm kreieren. Die private Hochschule wurde ursprünglich zur Ausbildung von Parfüm-Spezialisten gegründet, hat sich aber vor einigen Jahren auch Laien göffnet, die unter professioneller Anleitung in die Kunst des Parfüm-Machens eingeweiht werden.

Eine gutes Näschen ist allerdings gefragt, um aus den 45 Duftrichtungen von süß bis herb die Zusammensetzung zu kreieren, die am besten zu einem passt. Der zweistündige Workshop kostet 50 Euro.

Unweit von Forcalquier laden das Priorat von Salagon und seine Gärten mit rund 2000 Pflanzenarten zum Entspannen ein. Ein geschichtsträchtiger Ort: Die ältesten, noch sichtbaren archäologischen Funde stammen von einer gallorömischen Villa aus dem 1. Jahrhundert, die im fünften Jahrhundert durch eine christliche Kirche samt Friedhof ersetzt wurde. Seit dem Ende des 11. Jahrhunderts gehörte Salagon den Benediktinern, die daraus ein Kloster machten.

Früher Kloster, heute Museum

In der französischen Revolution säkularisiert, zwischenzeitlich als Getreidespeicher und Stall genutzt, wurde Salagon ab 1985 restauriert. Die Anlage beherbergt heute das ethnobotanische Museum der Hochprovence. Sein Ziel ist es, die historische Flora der Region zu rekonstruieren und bewahren.

Der Garten der Düfte beispielsweise lockt mit allerlei Aromen und ein Rundgang durch den mittelalterlichen Garten demonstriert, wie unser Flora vor der Entdeckung Amerikas ausgesehen hat. Eine Besonderheit ist der Garten mit Pflanzen der Hochprovence: Um ihn anzulegen, machte man sich das Wissen der lokalen Bevölkerung zu Nutze.

Doch was wäre eine Reise nach Frankreich ohne die französische Küche? Die gilt als eine der besten der Welt und ist immerhin immaterielles Weltkulturerbe der Unesco. Und gut Essen muss nicht teuer sein: Akhara Chay, ausgezeichnet mit einem Michelin-Stern, serviert im Hotel Le Mas des Herbes Blanches in Joucas im Luberon ein leichtes und kreatives Vier-Gänge Menü.

Bonus: Im Preis von 38 Euro sind der Blick von der Terasse und ein Bad im Swimming-Pool inbgegriffen.

Wer nach all den kulturellen Höhepunkten und der beschaulichen Landschaft Abwechslung sucht, dem bietet sich Marseille an. Die zweitgrößte Stadt Frankreichs lockt mit Museen, Bars, Discotheken, Cafes und Einkaufstraßen. Pulsierendes Zentrum ist der Vieux de Port.

Die junge, hippe Nachtszene findet man hingegen eher am Cours Julien. Die Stadt zu Füßen liegt einem an der Basilika Notre-Dame-de-la-Garde, die auf einem 162m hohen Hügel thront: Der neoromanische-neobyzanthinische Kolossalbau, erbaut im 19. Jahrhundert von Napolen III., gilt als Wahrzeichen von Marseille. Der Charme eines provencalischen Fischerdörfchens mit bunt bemalten Booten und zahlreichen Restaurant empfängt einen hingegen im Vallon des Auffes.

Der Winzhafen mitten in der Großstadt ist nur die erste von etlichen weiteren Calanques – Kalklippen aus der letzten Eiszeit, die zwischen dem östlichen Stadtrand von Marseilles und dem nahe gelegenen Cassis zwei dutzend Buchten bilden. Die Felsenlandschaft ist ein wahres Naturparadis und lädt, falls nicht gerade durch Feuergefahr gesperrt, zum Baden und Wandern ein.

Artikelbild: @ Simone Janson

Logbuch| Simone Janson beeindruckte an der Provence die Lebensart der Menschen, die hier wohnen. Auch dann, wenn die Urlaubsgäste alle wieder zu Hause sind. Eines ihrer Highlights, eine Ballonfahrt…

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Simone Janson studierte Geschichte, Archäologie und Italienisch. Nach einem Auslandsaufenthalt in Italien ist sie heute freie Journalistin in Berlin. Am liebsten beleuchtet sie gesellschaftliche Veränderungsprozesse. Sie schreibt sie über moderne Kommunikationsformen, mobiles Arbeiten & Leben auf Reisen sowie die zunehmende Verzahnung von Beruf & Privatleben. Mit Berufebilder.de betreibt sie eines der führenden Blogs für Beruf & Bildung und hat mehr als 10 Bücher geschrieben...

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