„Wir sind Papst“, schallte es vor sechs Jahren durch den Blätterwald, nicht nur die BILD. Evangelische Studenten haben Papst Benedikt XVI. nach seiner Wahl besucht…

Ein Rückblick. Mystik, Messen und Menschenmassen. Sie sorgen auch bei Nicht-Katholiken für Gänsehaut. Das bewies eine Exkursion. Um sieben Uhr morgens sind die Gassen auf dem Weg zum Petersdom noch gähnend leer. Bevor der alltägliche Touristenandrang losgeht. Auf die Sehenswürdigkeiten.

Die Gruppe von 15 deutschen Theologiestudierenden mit Exkursionsleiter Martin Wallraff, Professor für Kirchengeschichte in Basel, bereits auf Tour. „Einfach überwältigend“, murmeln sie, während sie das imposante Eingangsportal betreten, das vom Petersdom.

An den Seitenaltären werden Gottesdienste in verschiedensten Sprachen gehalten. Der Klang liturgischer Gesänge vermischt sich mit Schleiern herb duftenden Weihrauchs. So beeindruckend groß der Petersdom den Studis auch erscheinen mag, so winzig ist die Fläche seiner Fundamente.

Staat: Buch der Rekorde

Gerade mal einen halben Quadratkilometer ist die Vatikanstadt groß. Damit der kleinste Staat der Welt. „Wir wollen den Vatikan jenseits vom Pauschalurlaub kennenlernen“,wünscht sich Valentin Wendebourg. Er studiert in Tübingen Theologie  – dort, wo einst Joseph Ratzinger als Priester und Professor wirkte. Die Generalaudienz des Papstes weist Ähnlichkeiten mit einem Popkonzert auf Tatsächlich ist auch im Vatikan alles zu finden, was man zum Lebenneben Wein und Brot braucht.

Der päpstliche Supermarkt bietet dem Klerus Pasta und Pesto, die Tankstelle sorgt für den nötigen Treibstoff. Die Bank verwahrt die Finanzen und vergibt Kredite, falls trotz klingender Kassen doch einmal Bedarf sein sollte. Die Apotheke hilft den Geistlichen, wenn trotz Kontemplation der Kopf brummt.

„Souvenirstände lassen auch für den interessierten Studi keinen Wunsch offen“, lächelt Carsten Brall aus Wuppertal über Papst Benedikt XVI.-Devotionalien aus Papier, Plastik oder Porzellan. Ebenfalls noch immer ein Bestseller: sein Vorgänger Johannes Paul II.

Aufgabe: Glauben bewahren

Vorbei an Pilgerströmen auf dem Petersplatz – die Wachen der Schweizergarde im Blick – geht es für die angehenden Theologen in den Palast des Heiligen Officiums, zur Kongregation für die Glaubenslehre. „Die Aufgabe der Kongregation ist es, den katholischen Glauben zu schützen und zu fördern“, betont Priester Hans Feichtinger.

Lange Diskussionen gibt es dabei nicht: „Wir sind nicht dazu da, den Dialog zu führen, sondern seine Grenzen zu definieren“, erklärt Feichtinger. Und das hat sein letzter Chef, Kardinal Ratzinger häufig getan. Heute unter anderem in diesen Büchern:

Schließlich erhält die Kongregation täglich massenhaft Briefe und E-Mails von Gläubigen aus aller Welt – und manche Fälle sind durchaus skurril: Wie etwa der bayerische Bauer, der seinen Kühen gegen die BSE-Seuche Oblaten zum Fraß gegeben hat. Oder eine wasserstoffblondierte Nonne mit seltsamen Marienerscheinungen.

Ganz anders geht es beim Rat zur Förderung der Einheit der Christen zu, bei dem Priester Matthias Türk tätig ist. Hier stoßen die evangelischen Studenten auf offene Ohren: „Wir möchten einen ökumenischen Geist innerhalb der Kirche fördern, um mit den anderen Konfessionen ins Gespräch zu kommen“, sagt Türk mit einladender Geste. Auf internationaler Ebene spricht man dazu mit fast jeder Kirche.

Von den anglikanischen Gemeinden über freikirchliche und orthodoxe Gemeinschaften bis zum Weltbund lutherischer Kirchen. Krönenden Abschluss der Exkursion bildet ein Besuch der wöchentlichen Generalaudienz des Papstes.

Konzert: Papst auf Augenhöhe

Die weist durchaus Ähnlichkeiten mit einem weltlichen Popkonzert auf – die Karten im Vorverkauf gibt es allerdings kostenlos. „Da kommen schnell mal 100.000 Menschen zusammen“, weiß der Kioskbesitzer Giuseppe, dessen Laden direkt um die Ecke liegt.  Bunte Flaggen, Transparente und surrende Digitalkameras ungeduldig wartender Papstfans sorgen auf dem Petersplatz für Stadionatmosphäre.

Großleinwände beweisen: Auch nach der WM ist Public Viewing noch ein Event. Dann flimmern die ersten Bilder von „Benedetto“ über die Schirme, das Papamobil rollt im Schritttempo durch die Spaliere des Petersplatzes. In zwei routinierten Runden winkt der deutsche Papst den Pilgern zu und nimmt ein mittlerweile gewohntes Bad in der Menge.

Nach dem Abschlussgebet gibt es einen tosenden Applaus mit Sprechchören, wie man sie bereits vom Weltjugendtag in Köln und dem Bayernbesuch des Papstes kennt. 2011 kommt Benedikt XVI. ganz offiziell nach Deutschland.

Artikelbilder: © Jan Thomas Otte

Logbuch| Jan Thomas Otte war als Pilger von seiner Reise in den Vatikan begeistert. Vom Papst gesegnet, mit Fotos ausgerüstet. Optimale Werbeträger für den Kirchekonzern, wäre er nicht auch kritisch berichtender Journalist….

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Jan Thomas Otte liest gerne "mare", das Print-Magazin. Online surft er lieber auf "admirado". Otte lebte 3 Monate in der Nähe von Manchester, 6 Monate in Jerusalem, 9 Monate bei New York. Wegen seinem Reisefieber verbrachte er auch einige Wochen an anderen schönen Flecken der Erde, auf der Südhalbkugel: Neuseeland, Südamerika und Südostasien. Als Journalist mit Reisefieber engagiert er sich bei Constart, einem Netzwerk für Korrespondenten. 2010 gründete er das Online-Magazin "Karriere-Einsichten". Und ist in den letzten 10 Jahren ebenso 10 mal umgezogen...

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